Das grüne Fahrrad

In unserem Wilmersdorfer Fahrradgeschäft an der Ecke kann man seit einigen Tagen ein grünes Fahrrad bewundern, das mich an mein eigenes Fahrrad erinnert, das ich 1972 von meinem Opa in Oberursel, zum zwölften Geburtstag, geschenkt bekam. Nach den Sommerferien, die wir mit unseren Eltern in Norwegen verbrachten, sollte ich nun den gymnasialen Zweig der gerade neu errichteten integrierten Gesamtschule meiner Heimatstadt besuchen. Das Rad das mir mein Großvater schenkte, war keineswegs neu. Es war sein eigenes altes schwarzes Fahrrad, das er einfach quietschgrün anstrich. Von diesem Geschenk, das er mir stolz übergab, war ich zwar nicht sehr begeistert, auch die grüne Farbe war nicht gerade mein Fall, aber es tat seine Dienste (auch ohne Gangschaltung).

Einige Klassenkameraden, besonders Jungs, rümpften die Nase, wenn sie mich auf meinem schicken grünen Drahtesel sahen.

Ein paar Jahre später kam die Bombe zum Platzen. Auf einem der Elternabende, an denen damals auch wir, die Schüler teilnehmen durften, meldete sich in der Frage- und Antwortenrunde plötzlich die etwas vorlaute Barbara M-R, eine Klassenkameradin, und richtete sich direkt an meine Mutter. „Frau Müller, warum fährt der Karlo eigentlich immer noch mit diesem alten grünen Rad durch die Gegend und warum trägt er diese altbackenen selbstgestrickten Jacken und Pullover?„. Meine Mutter antwortete kurz und knapp: „Weil er das so mag„, worauf Barbara sagte: „Haben Sie ihn mal gefragt ?“ Ich wäre vor Scham am liebsten in Grund und Boden versunken und erinnere den weiteren Fortgang dieses Abends auch nicht mehr.

Kurze Zeit später bekam ich ein neues Fahrrad geschenkt. Omas und Muttis Strickjacken und Pullover zog ich immer weniger an und Barbara M.-R. begann, sogar in den Unterrichtsstunden mit dem Stricken !!! Auf einer unserer letzten Klassenfahrten wurde sie von unserem „lieben“ Mitschüler Martin W. geschwängert. Ihre Tochter N. feiert in diesem Jahr ihren 48. Geburtstag.

PS: mein Großvater nahm das alte grüne Fahrrad wieder an sich und nutzte es, vor allem für fast tägliche Fahrten nach Oberstedten, wo er meinen Vater beim Bau unseres Hauses tatkräftig unterstützte. 💚

Vom tragischen Tod der Oberurseler Metzgerfrau Margarethe JAMIN am 11. Juli 1800 bei Frankfurt am Main

Gestern suchte ich im katholischen Kirchenbuch von Sankt Ursula nach einem Cousin meines Jamin-Vorfahren. Die Familie hat sich mit unserem Spitzenahn, Peter (Pierre) Jamin, im 16. Jahrhundert, aus dem heutigen Belgien kommend, in meiner Heimatstadt Oberursel niedergelassen. Es gab und gibt, besonders in Seitenlinien, eine große Nachkommenschaft. Hat man einen Alt-Oberurseler Vorfahren im Stammbaum, kann man quasi sicher sein, dass es irgendwo auch eine/n Jamin-Ahnen/Ahnin geben muss.

Viele der männlichen Jamin-Nachkommen verdienten sich, bis ins 20. Jahrhundert hinein ihren Lebensunterhalt als Metzger. So auch dieser Adam Jamin, auf dessen Spur ich gerade bin.

Jetzt fand ich den tragischen Sterbeeintrag seiner Frau, die übrigens auch eine geborene Jamin war! Wahrscheinlich hatte Adam Jamin noch am frühen Morgen dieses womöglich sehr heißen Julitages Anno 1800 eine Sau geschlachtet und zerlegt. Greta, seine Frau, macht sich sogleich mit einem schwer bepackten „Fleischkorb“ auf den Weg in die Freie Reichsstadt Frankfurt.

Der Bericht des Pfarrers gibt uns keine genaue Beschreibung ihres über 10 Kilometer langen Fußmarschs. Sicher ist, dass sie der späteren Streckenlinie der Straßenbahn U3 in Richtung Frankfurt entlang nach Süden gelaufen sein muss (siehe Foto 3. Kartenausschnitt aus dem 18. Jahrhundert). Im Kirchenbuch festgehalten ist, dass sie im Verlauf des Weges an einer Mühle,unweit eines Flusses, ankam. Hier müsste es sich um die Heddernheimer Sandelmühle, nahe des Flusses Nidda, handeln. Dort geriet, aus nicht beschriebenen Gründen, beim Vorbeigehen ihr Fleischkorb ins Mühlrad und tragischerweise, weil sie unachtsam dem Korb hinterhergreifen wollte, auch Greta selbst.

Der arme Adam hat sich dann nicht lange Zeit zum Trauern genommen. Bereits 5 Wochen nach dem schrecklichen Unglück heiratete er die Oberurseler Metzgertochter Dorothea Abt.

Eintrag im Oberurseler Kirchenbuch St. Ursula: Tote 1800

Die 11ma July Margaretha Adami Jamin civis et lanioris hijatis uxor ibat cum sporta carnibus impleta francofurtum et pertransiens rivam juxta mola, et rotae molae arripiebat ipsius sportam quam retitere volens ipsa arrepta et subita necata est

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Am 11. Juli ging Margaretha, Frau des hiesigen Bürgers und Metzgers Adam Jamin, mit einem Korb voller Fleisch nach Frankfurt Beim Vorbeigehen am Fluss bei der Mühle erfasste das Mühlrad ihren Korb, und als sie ihn festhalten wollte, wurde sie selbst davon erfasst und sofort getötet.

Kurgäste in Bad Homburg

In meiner Geburtsstadt Bad Homburg gaben sich vor dem ersten Weltkrieg nicht nur die gekrönten Häupter und der Geldadel die Klinke in die Hand. Auch das betuchte Bürgertum kam gerne zum Kuren in das beschauliche Städtchen vor der Taunushöhe, das die Hohenzollern nach der Zeit der hessen-homburgischen Landgrafen zu ihrer Sommerresidenz erkoren hatten.

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Erinnerungen an die Post

Gestern suchte ich in dem Bildband von Renate Messer und Christel Calmano-Wiegand „Oberursel! Bilder der 50er, 60er und 70er Jahre“ und stieß auf dieses Foto, wohl aus den späten 60ern (S.63). Man sieht den Hauptkundeneingang des Postgebäudes in der Berliner Straße den gerade 4 Briefzusteller verlassen. Das Foto ist „gestellt“, denn die „Briefträger und Briefträgerinnen“ gingen nicht von dort in ihre Orscheler Zustellbezirke.

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The Old Cart

Oberstedten, summer 1936 – it’s a cold and rainy day. The olympic games in Berlin are far away. The day before my great grandfather Philipp Becker asked his oldest son Georg, my grandfather for help. He wants to buy a new cider barrel at Mr. Désor’s cider press house.

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